Wien/Staatsoper: Siegfried - 25. Juni 2023

Ein neuer „Ring“ im Haus am Ring sollte bald kommen

Klaus Florian Vogt als Siegfried

Klaus Florian Vogt als Siegfried

Im Rahmen des 2. “Ring”-Durchgangs an der Wiener Staatsoper der Saison 2022-23 präsentierte sich Klaus Florian Vogt zum zweiten Mal als junger Siegfried im Haus am Ring nach seinem großartigen Rollendebut am 5. März 2023 an der Oper Zürich. Mit dieser sich nun dem Ende neigenden, in der Tat auch abgespielt wirkenden und nie wirklich begeisternden Produktion von Sven-Eric Bechtolf, die bald durch eine neue ersetzt werden soll, wollte Franz Welser-Möst zum letzten Mal einen „Ring“ dirigiert haben. Irgendwie wirkte sein Dirigat auch bei weitem nicht so beherzt, wie es einem noch in den Ohren vom „Ring“ Ádám Fischers bei den Wagner Tagen Budapest im Müpa ein paar Tage zuvor klang (siehe weiter unten).

Tomasz Konieczny als Wanderer

Tomasz Konieczny als Wanderer

Glücklos agierte auch Eric Owens, der den Wanderer nach dem 1. Aufzug krankheitsbedingt und auch etwas unengagierte agierend abgeben musste und wie schon in der „Walküre“ durch Tomasz Konieczny ersetzt wurde. Dieser spielte die Partie wie immer hochmotiviert und darstellerisch einnehmend, aber mit dem bekannt nasalen Timbre und gelegentlichen Vokalverfärbungen. Im 3. Aufzug mit Erda sang er auch zu laut.

Ricarda Merbeth als Brünnhilde

Ricarda Merbeth als Brünnhilde

Ricarda Merbeth wirkte einmal mehr mit den hochdramatischen Herausforderungen der Brünnhilde überfordert und schien sich immer wieder auf das Erreichen der Spitzentöne zu konzentrieren, was auch meist gelang. Man verstand allerdings recht wenig, und es mangelte der doch etwas über Fach singenden Sopranistin an vokaler Gestaltungskraft, bisweilen durch Sprechgesang ersetzt. Immer wieder wurde eine saubere Gesangslinie verlassen. Das hohe C am Schluss gelang ihr aber tadellos.

Michael Nagy als Alberich

Michael Nagy als Alberich

Hervorragend gestaltete hingegen Michael Nagy den Alberich mit einer sehr gesanglichen Note, und eine ganz ausgezeichnete Rollenstudie des Mime lieferte der auch sehr klangvoll und für einen Mime fast zu „schön“ singende Matthäus Schmidlechner.

Noa Beinart als Erda

Noa Beinart als Erda

Noa Beinart war eine exzellente Erda mit sehr gut geführtem klarem Mezzo und hervorragender Diktion. Sie wird von Bechtolf wie alle ihre Vorgängerinnen vom Wanderer nach dessen lächerlich wirkenden Grabarbeiten weiterhin viel zu früh in die Tiefe verbannt, sodass sein Dialog mit ihr zum Selbstgespräch wird. So bekommt die Urmutter wesentliche Aussagen von ihm gar nicht mehr mit…

Siegfried mit Mime im 1. Aufzug

Siegfried mit Mime im 1. Aufzug

Hier seien einige weitere unverständliche Ungereimtheiten dieser „Siegfried“ – Inszenierung genannt, die man problemlos beseitigen könnte. Da ist zunächst der „Alpen-Zoo“ im 2. Aufzug mit den auf den drei Bühnenseiten in die Höhe fliehenden Wildtieren. Wie kann es sein, dass neben Wildschweinen und Füchsen da auch Gazellen mitlaufen, die bekanntlich nicht in den Breiten der erstgenannten leben?! Wenn es schon naturalistisch zugehen soll, dann doch bitte auch geografisch korrekt. Völlig lieblos und unnötig ist auch, dass man in der Mittelwand noch die Ventilatoren-Fenster aus Mimes Höhle sieht, nur rotieren sie nicht mehr. Sie haben im 2. und 3. Aufzug rein gar nichts mehr zu suchen, erst recht nicht im „Alpen-Zoo“. Nachdem der im 2. Aufzug imposant in die Höhe gestiegene Fafner wieder in seinem Loch verschwunden ist, mit blutüberströmtem Schuppenkleid, sieht man von weiter oben, wie ein Assistent von unten ein frisches, völlig blutfreies Fafner-Kleid Siegfried hochreicht, welches er dann als das vermeintlich echte nach hinten entsorgen kann. Wie lieb- und phantasielos! Immer noch ist bei Siegfrieds Speerschlag des Wanderers in der Grabgrube zu sehen, dass der erste Schlag völlig wirkungslos auf den Metallspeer niedergeht, dann der Wanderer diesen unversehrten Speer in der Grube versteckt und mit zwei Stücken wieder nach oben kommt. Das ist der misslungenste Speerschlag, den ich je in 55 „Ring“-Jahren gesehen habe. Und er ist seit der Premiere unverändert sinnfrei!

Das Finale: Siegfried mit Brünnhilde

Das Finale: Siegfried mit Brünnhilde

Vor diesem Hintergrund, der sich auch auf die anderen „Ring“-Abende erstreckt, wünscht man der Direktion viel Glück bei der Suche nach einem Regieteam für die nun wirklich wünschenswert erscheinende neue Tetralogie an der Wiener Staatsoper!

Fotos: Michael Pöhn / Wiener Staatsoper

Klaus Billand

Der Ring des Nibelungen

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